Rezension Rainer Hank: "Links, wo das Herz schlägt"

Fördern Sie Kinderarbeit, werden Sie neoliberal!

Farnaz Nasiriamini17. September 2015
Es ist die Abrechnung mit der eigenen linken Vergangenheit. Der Wirtschaftsredakteur Rainer Hank erklärt in seinem Buch „Links, wo das Herz schlägt“ warum er früher „links“ war und wie er ein Neoliberaler wurde.
Knaus Verlag
Knaus Verlag

Hank erklärt, dass „Linkssein“ in den sechziger Jahren, als er Student an der Universität Tübingen war, ein Lebensgefühl gewesen sei. Heute bedeute es, sich über die wachsende Ungleichheit zu beschweren. Weil es damals angeblich unmöglich war nicht links zu sein, schrieb er für die linke Studentenzeitung „Kuckucksei“. Er las Theodor W. Adorno und Paul Celan, verstand wenig aber es klang ihm bedeutend.  

1973 lässt der Militärputsch in Chile sein neoliberales Herz zum ersten Mal höher schlagen. Es stört ihn auch damals schon, dass Privateigentum für Linke einen schlechten Klang hat. Von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) erhofft er 1982 einen Schritt in die neoliberale Richtung, wird aber enttäuscht.  

Was tun mit der erzwungenen Freizeit?

Heute ist Hank ein überzeugter Neoliberaler. Die Leser seines Buches lässt er wissen, dass der Markt sich selbst reguliere, dass jeder staatliche Eingriff dem ökonomischen Wachstum schade. Der Grund für Arbeitslosigkeit seien zu hohe Löhne. Und so weiter und so fort. Regulierung von Arbeit verachtet Hank: „Am Ende arbeiten alle immer weniger, wissen nicht wohin mit ihrer vielen erzwungenen Freizeit ... Was soll daran gerecht sein?“. Genau, man lebt schließlich um zu arbeiten. Wer will schon am Strand liegen und ein Buch lesen?

In Hanks Weltbild ist selbst Kinderarbeit noch eine gute Sache, die es durch den Einkauf bei Billigtextilien-Kette zu fördern gelte. Denn Kinderarbeit führe, so Hank, dazu, dass Länder reich würden. Zwar wolle er auch lieber, dass die Kinder lieber zur Schule gehen, doch diese Alternative gebe es leider nicht. Es kann so einfach sein.

Heirat statt Bildungsförderung

Sparen könne man sich auch die vielen Milliarden Euro für ein besseres Bildungssystem oder die Förderung armer Familien. Die Herkunft entscheide über die Zukunft der Kinder, schreibt Hank. Aufstieg aus der „Unterschicht“ gebe es nur, wenn jemand in die „Oberschicht“ einheirate. Hank selbst hat zwar vom ersten Tag des Studiums bis zur Promotion von einem Stipendium gelebt. Anderen empfiehlt er aber Heirat statt Bildungsförderung.

Der Leser fragt sich, ob Hank ernst meint, was er schreibt und von welchem Jahrhundert er berichtet. Sein größtes Problem jedenfalls scheint seine linke Vergangenheit zu sein. Mit der rechnet er 250 Seiten lang ab. Ganz nebenbei will er andere von seinen Ansichten überzeugen. Und die sind unerträglich.

Rainer Hank: „Links, wo das Herz schlägt“,Verlag Knaus, 256 Seiten, 19,99 Euro, ISBN 978-3-8135-0656-3

 

weiterführender Artikel

Kommentare

In Hanks Buch gab es viele

In Hanks Buch gab es viele Hinweise dazu, wie die derzeitige Misere der Sozialdemokratie erkannt, und Anknüpfpunkte geboten, wie damit umgegangen werden kann. Sie haben offensichtlich sämtliche solche Punkte überlesen und fallen mit Ihrem flachen Verriss in genau die philosophische Unbedarftheit, in der sich die derzeitige Sozialdemokratie befindet.