SPD-Mitgliederkonferenz

Verteidigungsminister: Was Boris Pistorius mit „kriegstüchtig“ meint

Kai Doering15. November 2023
Verteidigungsminister Boris Pistorius: „Wir müssen einen Krieg führen können, damit wir es nicht müssen.“
Verteidigungsminister Boris Pistorius: „Wir müssen einen Krieg führen können, damit wir es nicht müssen.“
„Wir müssen kriegstüchtig werden.“ Mit diesem Satz hat Verteidigungsminister Boris Pistorius für Aufsehen gesorgt. Bei einer Mitgliederkonferenz der SPD hat er nun erklärt, was er damit meint.

Es ist eine Aussage, die nachhallt. Deutschland müsse „kriegstüchtig“ werden, hat Verteidigungsminister Boris Pistorius in den vergangenen Tagen in mehreren Interviews gefordert. Gleich sechsmal findet sich der Begriff in den neuen verteidigungspolitischen Richtlinien, die das Verteidigungsministerium gerade veröffentlicht hat.

„Wieder lernen, mit einem Aggressor zu leben“

Bei einer digitalen SPD-Mitgliederkonferenz hat Pistorius am Mittwoch erklärt, was er unter dem Begriff „kriegstüchtig“ versteht. „Es geht um die Fähigkeit, einen Krieg bestehen zu können, nicht darum, ihn führen zu wollen“, erklärte der Verteidigungsminister den rund 700 zugeschalteten Genoss*innen. „Wir müssen einen Krieg führen können, damit wir es nicht müssen“, wurde er noch deutlicher. Dafür müsse die Bundeswehr ausgestattet und aufgestellt werden.

In den vergangenen gut 30 Jahren seit dem Ende des Kalten Kriegs habe sich Deutschland daran gewöhnt, „unter Freunden zu leben“. Nun müsse es „wieder lernen, mit einem Aggressor zu leben“. Ähnlich formuliert es auch der SPD-Parteivorstand in seinem außenpolitischen Leitantrag für den Bundesparteitag im Dezember. Darin ist davon die Rede, dass Sicherheit künftig „gegen Russland“ organisiert werden müsse.

Die Bundeswehr sichtbarer machen

Bei der Konferenz, bei der SPD-Mitlieder in einer Video-Konferenz eine Stunde lang ihre Fragen an Pistorius stellen konnten, unterstrich der Verteidigungsminister auch sein Vorhaben, die Bundeswehr in der Gesellschaft wieder sichtbarer zu machen. „Die Bundeswehr findet in der Öffentlichkeit nicht mehr statt“, bemängelte Pistorius. Dabei sei es „eine besondere Verantwortung, die jemand übernimmt, der zur Bundeswehr geht“.  Kürzlich hatten sich die Ampel-Fraktionen mit der Union auf die Einführung eines „Veteranentags“ geeinigt, mit dem die Soldat*innen der Bundeswehr geehrt werden sollen.

Die Betonung des Militärischen habe in der SPD durchaus Tradition, erinnerte Boris Pistorius bei der digitalen Mitgliederkonferenz. Auch die Kanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt hätten gewusst, dass man Verhandlungen am besten „aus einer Position der Stärke heraus“ führe.

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Kommentare

ich weiß auch nicht, was ihn da geritten hat- muss es das

Wort "Krieg" sein? Unsere Sprache kennt doch eine Vielzahl von Synonymen, die er hätte verwenden können. "Konfliktfähig- das wäre nur eine Möglichkeit gewesen, besser noch: Verteidigungsfähig oder Abwehrbereit- aber Krieg? Jetzt ist der Krieg in aller Munde, und wir sind dem Vorwurf ausgesetzt, Kriegstreiber zu sein, ausgerechnet wir, die friedensliebende Partei, mit dem Friedennobelpreisträger in ihrer langen Geschichte des Pazifismus

"kriegstüchtig"

Es hat mehr als 2 Wochen gebraucht, bis der vorwärts auf seiner Internetseite dieses Thema aufgegriffen hat. Als 1953 Geborener - nunmehr 70-jähriger-, der der Generation 'Willy wählen - Mehr Demokratie wagen' angehört, bin ich über Pistorius entsetzt. Die NaturFreunde Deutschlands und der Historiker Peter Brandt (Sohn von Willy Brandt) sind dezidiert nicht der Meinung von Herrn Pistorius.

Mitgliederkonferenz

Wie bereits an anderer Stelle geschrieben, geben wir wieder, was bei der Mitgliederkonferenz besprechen wurde. Und die hat am Mittwoch stattgefunden.

Verstörende Aussagen unseres Außenministers

Es sind viele mündige, vernüftig denkende, anständige Bürger dieses Landes nicht der Auffassung des Auffassung des Verteidigungsministers und haben eine entschieden ANDERE Meinung. Dich die haben keine Lobby und kommen nicht zu Wort - weder in der Presse noch im Rundfunk !

"kriegstüchtig" II Helmut Gelhardt

Was Peter Brandt und viele andere meinen, kann JEDE / JEDER hier nachlesen:

https://nie-wieder-krieg.org

"kriegstüchtig" Helmut Gelhardt III

Warteschlange

Nun hat es so ca. 2 Wochen gedauert bis der vorwärts dieses Thema und diese worte dieses Ministers aufgriff. - Wir erinnern uns: 1916 wurde eine komplette vorwärts-Redaktion von der Parteiführung ausgetauscht weil sie nicht kriegswillig war -. Als überzeugter Sozialdemojrat erkläre ich: Ich werde auch in Zukunft meine Ansichten als Friedenshetzer (Straftatbestand im Kaiserreich) nicht aufgeben !

„Friedenshetzer“

Ich darf noch hinzufügen (- passte auch unter Helmut Gelhardt: „kriegstüchtig“), dass Pistorius nicht nur die Bundeswehr „kriegstüchtig“ machen will, sondern ausdrücklich auch die „Gesellschaft“ (Berlin Direkt, 30.10.23). Der Vorwärts vermittelt in diesem Artikel aber den Eindruck, Pistorius habe nur die Bundeswehr gemeint.

Mitgliederkonferenz

Wie bereits an anderer Stelle geschrieben, geben wir wieder, was bei der Mitgliederkonferenz besprechen wurde.

Verstecken

Das ist ja schön, daß wir über die Themen der Mitgliederkonferenz informiert werden, aber um Gottes Willen kein eigener Standpunkt bezogen wird. Gerade das Thema Krieg/Frieden/Militarismus/Abrüstung bewegt sozialdemokratische Herzen und sollte auch im Vorwärts zeitnäher, nach dieser für mich inakzeptablen Äußerung des Pisstorius in diesem Forum diskutiert werden können.

Mitgliederkonferenz

Wie bereits an anderer Stelle geschrieben, geben wir wieder, was bei der Mitgliederkonferenz besprechen wurde. Und die hat am Mittwoch stattgefunden.

„Kriegstüchtig“

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„Aus einer Position der Stärke heraus“

Verhandlungen zu führen, mag um 1900 ein probates Mittel gewesen sein, als noch Kanonenboot-Politik – gelegentlich - funktionierte. Wenn aber unsere Regierung mit Brasilien verhandelt, mit Indien oder auch nur Saudi Arabien oder Marokko, dann ist die Vorstellung, die „Betonung des Militärischen“ würde dabei irgendwie vorteilhaft für uns sein, doch aberwitzig. Pistorius, auch Klingbeil, aber glaubt qua Amt daran, „dass man Verhandlungen am besten `aus einer Position der Stärke heraus´ führe“.

Und, nur mal einen Augenblick angenommen, es wäre so, wäre es dann eigentlich einer wertebasierten Demokratie angemessen, sich so zu verhalten?

„Sicherheit künftig „gegen Russland“ organisieren“

Moderne Gesellschaften sind durch Bolzenschneider, an der richtigen Stelle angesetzt, zeitweilig und partiell lahmzulegen. Ein größerer Böller kappt die Versorgung mit Strom für ganze Städte. Was wäre eigentlich passiert, wenn sich das jüngste Ende von Nordstream bereits 2020 ereignet hätte. Von den Möglichkeiten im Cyberraum ganz zu schweigen. Moderne Nachbar-Staaten sind notwendig von einem halbwegs gegenseitig akzeptierten Verhalten abhängig. Alles andere ist Selbstbetrug.
Und ganz nebenbei: Was es bedeutet, nur unsere wirtschaftliche „Sicherheit künftig „gegen Russland“ zu organisieren“, das sehen wir doch überdeutlich. Nur die SPD scheint das nicht zu erkennen.

„Sicherheit gegen Russland“

Die Russische Föderation hat weder die konventionelle militärische noch die wirtschaftliche Macht, die europäische Nato zu besiegen. Nur atomar ist sie überlegen, könnte sie uns verdampfen. Konventionelle „Sicherheit gegen Russland“ ist also bereits vorhanden, vorausgesetzt, Abschreckung greift (immer). Abschreckung aber wirkt bestenfalls bedingt. Wir sahen es in Afghanistan, wo eine Feierabend-Armee von der Nato nicht abgeschreckt wurde. Wir sahen es in der Ukraine, hinter der die Nato stand, was Putin natürlich wusste. Wir sehen es in Israel/Palästina, wo die Hamas die (strategische) Dummheit besitzt, eine haushoch überlegene Militärmacht mit Raketen und einem furchtbaren Überfall offen herauszufordern. Sicherheit unter Nachbarn ist nur gemeinsam zu haben, mindestens müssen beide stillschweigend den Nachbarn gewähren lassen. Und die jetzt von den USA favorisierte Zwei-Staaten Lösung für Israel/Palästina ist doch nichts anderes als eine andere Formulierung für das Konzept der gemeinsamen Sicherheit.

Pistorius: „Kriegstüchtig“

Die SPD hat eine Reihe von Verteidigungsministern gestellt, die alle in ihrer Aufgabe aufgingen. Noske fühlte sich im Januar 1919, da war er noch kein Minister, in der Pflicht, „der Bluthund zu werden“, der die ungeliebte Revolution zusammenschießen ließ. 80 Jahre später - Georg Leber und Hans Apel lasse ich mal aus - verbreitete Rudolf Scharping, die Nato-Luftschläge (Kososvo-Krieg) gegen Serbien wären nötig, weil die Serben die Albaner in einer „ethnischen Säuberung des Kosovos“ aus ihrem Land vertreiben würden (Hufeisenplan). Der Hufeisenplan war eher eine Lüge. Peter Struck wollte „unsere Sicherheit auch am Hindukusch verteidigen“ (Regierungserklärung März 2004); er erlebte das Desaster Afghanistan-Krieg nicht bis zu dessen Ende. Pistorius setzt all dem die Krone auf, will er doch nicht nur die Bundeswehr, sondern auch ausdrücklich die deutsche Bevölkerung „kriegstauglich“ machen (Berlin direkt, 2.11.23). Der Vorwärts weiß das, stellt es aber im Text so dar, als bezöge Pistorius sein „kriegstauglich“ nur auf die Bundeswehr. Das ist armselig.

Wer braucht schon eine Regierung, eine Partei und einen Verteidigungsminister, der/die eine „kriegstaugliche Gesellschaft“ will.

"armselig"

Wir haben dargestellt, was bei der Mitgliederkonferenz besprochen wurde. Uns deshalb "Armseligkeit" zu unterstellen, ist selbst ziemlich armselig.

"kriegstüchtig" Helmut Gelhardt IV

Zum Ganzen:
Auf den 'Nachdenkseiten' von Albrecht Müller

https://www.nachdenkseiten.de/?p=106135

"kriegstüchtig" Helmut Gelhardt V

Zum Abschluss meinerseits:

Mit der Formel "Wir müssen kriegstüchtig werden" wird die SPD keinen
"Blumentopf gewinnen" - nirgendwo! Wer "kriegstüchtig" will, wird zu den
Originalen gehen: Merz-CDU / Söder-CSU / Strack-Zimmermann-FDP / Beerbock/Hofreiter-Grüne. Die können das besser!

Wir haben kein "Kriegstüchtigkeits-Problem" zu lösen.

Wir haben ein gigantisches, globales
'Soziale Gerechtigkeits-, Menschenrechts-, Umweltschutz-, Naturschutz-, Klimaschutz-Problem' zu lösen. Und das ganz, ganz zügig. Ansonsten fahren wir global in dem Abgrund. Deutschland kann diese Probleme natürlich nicht alleine lösen.
Aber: Deutschland trägt für die Lösung dieser Probleme sehr, sehr viel Verantwortung. Deutschland ist die größte Volkswirtschaft in Europa und jedenfalls die viertgrößte in der Welt. DAS sind die wirklichen, existenziellen Probleme. Und um die Lösung dieser muss sich global - mit allen relevanten Protogonisten! - gekümmert werden. 'Geostrategische-Einfluss-Spielereien' führen da nicht weiter. Globale Kooperation ist zwingend angesagt - und nicht zerstörerische Konkurrenz.

Die SPD war vor 50 Jahren weiter - sehr viel weiter.

Verstörende Aussagen von Boris P.

Der Verteidigungsminister irrt auf ganzer Linie und bewegt sich in Denkstrukturen der 80er Jahre. Entsetzlich und extrem erbärmlich ! "Die Bundeswehr findet in der Öffentlichkeit nicht mehr statt", wehklagt und bemängelt der Minister. Ich sage: Gott sei Dank ! Gott sei Dank findet sie in der Öffentlichkeit nicht statt. Sie gehört dort auch nicht hin ! Alle Versuche und subtile Andeutungen, das zu ändern, sind absurd ! Wir brauchen nicht mehr Bundeswehr, um sicherer zu werden, sondern mehr Diplomatie und geostrategisches Augenmaß ! Auch ein "Veteranentag" ist völlig absurd. Eine Armee, eine Bundeswehr, die entgegen der Mehrheitsmeinung der Bevölkerung agiert (hat) und in Einsätze geschickt wurde, verdient keinen Veteranentag ! Im übrigen: die Zeiten, wo Ossis für ein kleines Geld ihre Knochen hingehalten haben, durch den Schlamm gekrochen sind und "am Hindukusch" Deutschlands Freiheit verteidigt haben, sind entgültig vorbei !

80er Jahre ?

Nein, die Gedanken dieses Pisstorius zeigen in noch frühere Zeiten. Nich nur die Bundeswehr, sondern auch die gesamte Gesellschaft soll kriegstüchtig werden. Da klingt bei mir nach totalem Krieg oder nach denParolen von Wilhelm, Hindenburg und Ludendorf anno 17/18. Karl Liebknecht, ein Sozialdemokrat, hat damals den wahren Feind identifiziert.