Bullerbü, Star Trek oder Downtown Abbey

Klimaschutz: Was, wenn die Bundesregierung eine Fernsehserie wäre?

Oliver Czulo29. November 2023
Klimaschutz ist eines der zentralen Vorhaben der Ampel. Die Vorstellungen darüber gehen unter den drei Partnern allerdings weit auseinander. Manchmal erinnern sie an Fernsehserien.

Für die Gedankenwelt der Grünen gibt es ein beliebtes Motiv: Man gebe in eine Internetsuche nur mal die Worte „Bullerbü“ (in eingedeutschter Schreibung) und „Grüne“ ein, um zu sehen, wie oft diese Verbindung hergestellt wird; im jüngsten Berlin-Wahlkampf warben die Grünen sogar selbst damit. Mal implizit, mal explizit wird dies aber eher dazu verwendet, um den Grünen Rückwärtsgewandtheit, Romantisierung und Technikfeindlichkeit zu unterstellen. Sie träumten, so die Vorstellung, von einer Welt, in der das Holz noch mit der Hand gehackt wird und in der Kinder ungestört von Autos in Pfützen hüpfen können (wie rückwärtsgewandt! Autofreie Innenstadt, anyone?!).

Klassenfreies Bullerbü oder problembewusstes Downton Abbey?

Ganz anders der Sprech der FDP, die für den Klimaschutz Technologieoffenheit einfordert und E-Fuels und andere Segnungen von morgen in den Vordergrund rückt. Vor dem geistigen Auge tun sich (bei mir) sofort die sterilen Flure einer NCC-1701-D (für alle: das ist Raumschiff Enterprise aus der Serie „Star Trek: The Next Generation“) auf, die ohne CO2-Ausstoß unendliche Weiten erkunden kann und ab und zu noch Welten rettet, die sich selbst durch veraltete Atomreaktoren und Ähnliches zu zerstören drohen.

Nun braucht es keinen Hinweis darauf, dass auch die Grünen durchaus im Heute leben: Beim gemeinsamen Einnehmen des fast schon sprichwörtlichen Bio-Hafer-Latte wird das Smartphone gerne zwischendurch gezückt, sei es, um Selfies zu machen, Fakten nachzuschlagen oder Stories weiterzuleiten. Dies weicht das Bild von Bullerby doch etwas auf und erinnert vielleicht eher an Downton Abbey: weite grüne Wiesen und Liebesgeflüster im Wald, aber auch eine Schweinefarm, die in einen modernen Wirtschaftsbetrieb umgewandelt werden soll, das Auto als sich etablierende Segnung – oder doch Fluch? – und dazu eine ganze Reihe von Klassenkonflikten. Passend zu letzterem wird die Sozialdemokratie aufgerufen, indem die erste Labour-Regierung des Vereinigten Königreichs thematisiert wird. Zusammenfassen ließe sich eine der Botschaften der Serie wie folgt: Die Moderne löst nicht automatisch alle Probleme und fügt gar manche neue hinzu.

Ganz ohne Umweltschäden geht es aber auch bei „Star Trek“ nicht zu: In der Folge „Die Raumkatastrophe“ (Staffel 7, Folge 9) wird festgestellt, dass der Warp-Antrieb der Vereinten Föderation der Planeten die Struktur des Raums schädigt und damit unter anderem direkt die Existenz eines bewohnten Planeten bedroht. Wie aber auch in anderen Serien des Star-Trek-Universums werden solche Themen etwas ideenlos und am Ende ohne jede weitere Konsequenz abgehandelt: Das Thema wurde so nicht nochmal tiefergehend aufgegriffen, die Rolle des Technikheilbringers erschien den Serienmachern wohl doch attraktiver.

Schaffen wir die Synthese?

Gerade Star Trek kommt aber bei aller Technikfreundlichkeit nicht ohne ein gerüttelt Maß an Bullerbü oder Downton Abbey aus: Zukunftsvarianten von Umweltzerstörung durch risikoreiche Technologien sind kein unübliches Motiv der Planeten, die besucht werden, und nicht selten begegnen wir, plakativ gesprochen, auch eben jenen Bio-Hafer-Latte-Dörfern mit Smartphone-Infrastruktur. Dass Technik nicht alle Probleme lösen kann und menschliche Konflikte – unter ihnen Klassenkonflikte – prävalent bleiben, ist ebenfalls Teil der Erzählung. Ein kritischer Blick auf die Technik selbst kommt immerhin gelegentlich vor.

Die Populärkultur bietet also verschiedene Perspektiven, mit denen wir uns alternative Wege wie Stolperfallen in eine klimaneutrale Welt, die ohne technologischen Fortschritt nicht auskommt, verbildlichen können. Eine Perspektive alleine würde viel zu kurz greifen. Ein Zurück in eine (Schein?-)Zeit, in der sich das Leben vor allem auf ein Dorf beschränkt, ist genauso wenig erstrebenswert, wie aktuelle Konflikte auszublenden oder mögliche Risiken von Zukunftstechnologien nur am Rande zu thematisieren. In diesem Sinne: Beam me to autofreie Downton Bullerby City!

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Kommentare

wenn schon das Fernsehprogramm als Muster

herangezogen wird, dann kommt man an den Simpsons nicht vorbei. in Springfield finden sich, in der Berichterstattung ausgewogenen berücksichtigt, alle Fraktionen wirklichkeitsnah wieder, angefangen von den Grünen bis hin zu den religiösen Eiferern.

Re: wenn schon das Fernsehprogramm als Muster

Die Simpsons mögen verschiedene Fraktionen abbilden, aber gesucht waren in dem Fall Serien, die für Aspekte der Fraktionen mit Blick auf Klimapolitik stehen :) Da gibt es sicher noch ganz andere Verbindungen, die man herstellen kann - bin offen für Vorschläge!

für die Klimapolitik unserer Regierung gibt es in der Frage der

Vermarktung nur Liza Simpson. An ihr kann sich niemand messen, der oder die sich der rettung unseres Klima besser und nachhaltiger verschreiben würde.

Wenn die Bundesregierung eine Fernsehserie wäre

Wenn die Bundesregierung eine Fernsehserie wäre, wäre sie schon längst wegen den vielen Beschwerden und viel zu geringen Einschaltquoten abgesetzt worden.