Antifaschistischer Kongress in München

Streit um Antifa-Kongress: DGB beugt sich Druck von Polizeigewerkschaften

Markus Hüttmann19. Oktober 2017
Fahne der GdP: Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte den DGB als ihren Dachverband auf, dem Antifa-Kongress für die Nutzung der Räume im Münchner DGB-Haus abzusagen.
Fahne der GdP: Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte den DGB als ihren Dachverband auf, dem Antifa-Kongress für die Nutzung der Räume im Münchner DGB-Haus abzusagen.
Hat rechte Stimmungsmache im Netz dazu geführt, dass deutsche Polizeigewerkschaften und der DGB einen antifaschistischen Kongress verhindern? Das Vorgehen der Beteiligten gegen die im Münchner DGB-Haus geplante Veranstaltung wirft Fragen auf.

Vom 3. bis zum 5. November sollte im Gebäude des DGB in München der „Antifa-Kongress Bayern“ unter dem Motto „Theorie, Vernetzung und Party“ stattfinden. Auf dem Programm stand eine große Bandbreite an Themen: Um Rassismus und Rechtsradikalismus, antikapitalistische Theorie, Feminismus, die AfD und die Situation in der Türkei bis hin zum konkreten Verhalten auf Demonstrationen sollte es gehen. Dafür waren zahlreiche Vorträgen, Workshops und Exkursionen geplant.

Zu den angekündigten Referenten zählen dabei unter anderen Hedwig Krimmer vom Münchener Ableger der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Rosa Fava von der Stiftung des Jüdischen Museums Berlin und der Migrationsforscher Bernd Kasparek. Auch der renommierte Soziologe und Publizist Andreas Kemper wird aufgeführt. 2016 hatte dieser dem Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke vorgeworfen, unter Pseudonym für eine NPD-Publikation geschrieben zu haben. Ein von der AfD selbst in Auftrag gegebenes Gutachten stützte sich später auf eben jene Recherchen Kempers.

Gewerkschaft der Polizei drängte auf Absage

Am Mittwoch wiederum gab der nordrhein-westfälische Landesverband der Gewerkschaft der Polizei (GdP) auf seiner Facebook-Seite bekannt, dass der Kongress in den Räumen des DGB, in dem die GdP Mitglied ist, „nicht hinnehmbar“ sei. In zwei Beiträgen heißt es: „Solange es aus den Reihen der Antifa gewalttätige Angriffe“ auf Polizisten gäbe, dürften solche Veranstaltungen nicht in Räumen des DGB stattfinden. Wer das anders sehe, habe „aus der Geschichte nichts gelernt“. Der GdP-Bundesvorsitzende Jürgen Malchow habe den Einträgen zufolge den DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffmann kontaktiert, die Veranstaltung sei daraufhin vom DGB abgesagt worden.

Während einige Nutzer in den Kommentaren unter den Beiträgen auf Facebook das Vorgehen der GdP befürworten, übt die Mehrheit scharfe Kritik: Es sei Unsinn, die lose organisierte Antifa als einheitliche Gruppierung zu bezeichnen, heißt es da, und: Die GdP handele auf Basis von Informationen aus rechten und rechtsradikalen Netzwerken im Internet. Auch der als Referent angekündigte Kemper zeigte sich enttäuscht: 

Kritik kam darüber hinaus von Jutta Ditfurth und den Jusos-Bayern:

Rechte Netzwerke machten Stimmung gegen Kongress

In der Tat hatte am Montag zuerst die Webseite „Journalistenwatch“ über den Kongress berichtet. Diese steht unter anderem dem islamfeindlichen, rechten Newsportal „Politically Incorrect“ (PI) nahe. Die Seite hatte beispielsweise einen Prozess gegen den PI-Autoren und Pegida-Aktivisten Michael Stürzenberger wegen Verbreitens von Propagandamitteln verfassungsfeindlicher Organisationen als „Schauprozess“ bezeichnet. Einen Tag später nahm auch die „Epoch Times“ das Thema auf, die in einer Analyse der Wochenzeitung „Zeit“ als „Leitmedium der Rechtspopulisten“ in Deutschland eingestuft wird.

Von dort habe sich die Empörung über den Antifa-Kongress in Kommentarspalten und soziale Netzwerke verlagert, neben der AfD und rechten Netzwerken auf Facebook hätten auch die Jugendorganisationen der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) den Kongress aufgegriffen. Die wiederum habe das Thema genutzt, um Druck auf die konkurrierende GdP auszuüben.

Das behaupten nicht nur antifaschistische Webseiten, sondern mittlerweile auch der DGB in einer Pressemitteilung. In der Mitteilung verwahrt sich der DGB gegen „jede Form von Rassismus, Faschismus und Antisemitismus“ und wirft der DPolG vor, den Artikel von Journalistenwatch „bundesweit“ dazu benutzt zu haben, „massiv“ Stimmung gegen die GdP zu machen, um Mitglieder abwerben zu können.

DGB wollte mit Absage Gewerkschaft der Polizei schützen

Der DGB habe die Veranstalter des Kongresses daraufhin gebeten, sich nach alternativen Veranstaltungsräumen umzusehen, um die GdP als Mitgliedsgewerkschaft vor den Angriffen der DPolG zu schützen. Man habe auch selbst drei alternative Räume angeboten. Eine Sprecherin des DGB wollte sich nicht weiter äußern und verwies auf den bayrischen Landesverband, auf eine Anfrage des vorwärts reagierte dieser zunächst nicht.

Die Darstellung des DGB widerspricht allerdings der Version der GdP: Ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Landesverbands der GdP sagte gegenüber dem vorwärts, gegen den Kongress habe man sich ausgesprochen, weil die Antifa „das Gewaltmonopol des Staates“ nicht anerkenne und es „kein Recht gibt, Polizisten mit Steinen zu bewerfen“. Von Druck aus rechten Kreisen im Netz wisse man nichts, das sei ohnehin nicht entscheidend: „Wir gucken nicht, wer da applaudiert und wer nicht, das ist uns relativ egal“. Rechtsradikalismus und auch die AfD lehne man entschieden ab, das sei auch in Positionspapieren vermerkt. Um die politischen Agitationsversuche der DPolG, kümmere man sich nicht, sagt der Sprecher, und attestiert der DPolG „Probleme, sich von rechts abzugrenzen“.

Die Verantwortlichen des Antifa-Kongresses üben unterdessen auf ihrer Website scharfe Kritik an DGB und GdP und kündigen an: „Der Antifa-Kongress wird ohne Abstriche stattfinden. Und er wird besser als je zuvor.“

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