Sommeruniversität der Friedrich-Ebert-Stiftung

Stegner: Die EU ist nicht nur eine Währungsunion

Farnaz Nasiriamini15. Juli 2015
Flüchtlinge, Europäische Einwanderungspolitik und Minderheitenschutz: Ralf Stegner, stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD, erklärte bei der Sommeruniversität der Friedrich-Ebert-Stiftung, warum die SPD zu diesen Themen eine Haltung zeigen muss.

„Der Platz der SPD sollte immer bei denjenigen sein, die Schutz brauchen und nicht dort, wo gegen Flüchtlinge gehetzt wird. Die Sozialdemokratie müsste hier eine eindeutige Haltung zeigen“, forderte Ralf Stegner (SPD). Der stellvertretende Bundesvorsitze war am letzten Tag bei der Sommeruniversität der Friedrich-Ebert-Stiftung in Potsdam zu Gast. „Es gibt mehr Menschen in Deutschland, die sich für die Flüchtlingsarbeit einsetzten, als gegen sie“, betonte er. Trotzdem dürfe es keine Gleichgültigkeit gegenüber den Intoleranten geben. Denn Gleichgültigkeit sei der erste Schritt zur Akzeptanz.

Keine legalen Möglichkeiten zur Einwanderung

Deutschland müsse legale Möglichkeiten der Einwanderung schaffen, forderte Stegner. „Ich habe keinerlei Sympathien für Schlepper“, betonte er, denn diese nutzten nur die Not der Flüchtlinge aus. „Es gibt Schlepper, weil es keine legale Möglichkeit zur Einwanderung gibt“, ist Stegner überzeugt.  Zudem sei er gegen Abschiebegefängnisse, in seiner Heimat Schleswig-Holstein, gebe es diese nicht mehr. „Wenn jemand kriminell geworden ist, ist ein Haftantritt okay. Aber nicht, weil jemand vor Verfolgung, Folter, Krieg oder vor bitterer Armut Schutz sucht. Menschen fliehen nicht ohne Grund. Im ersten Artikel des Grundgesetzt steht, die Würde des Menschen ist unantastbar. Nicht: Die Würde des Deutschen weißen heterosexuellen Mannes ist unantastbar.“

Außerdem trage Deutschland Verantwortung für die aktuelle Flüchtlingsbewegung. „Anstatt zweitgrößter Waffenexporteuer weltweit zu sein sollte Deutschland zweitgrößter Helfer der Entwicklungspolitik sein“, forderte Stegner vor den Teilnehmern der FES-Sommeruniversität. Angesichts der Flüchtlingsproblematik auf dem Mittelmeer kritisierte Stegner, dass keine effektive Seenotrettung im 21. Jahrhundert vorhanden sei. „Europa ist eine Wertegemeinschaft, nicht nur eine Währungsunion. Da ertrinken Flüchtlinge im Mittelmeer. Das sollte uns mehr Sorgen machen als die Krise der EZB-Banken. Wenn Länder sich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen entscheiden, ist das scheinbar kein Problem. Aber wegen der Fiskalpolitik überlegt man, Länder aus der EU auszuschließen.“

„Freizügigkeit für Schokolade ja, aber nicht für Flüchtlinge“ ist keine Option

Ein Einwanderungsgesetz dürfe außerdem nicht nach ökonomischer Nützlichkeit beschlossen werden, kritisierte Stegner die Initiative „Gegen Masseneinwanderung“ der Schweizerischen Volkspartei (SVP). „Ländern nur ihre Elite zu nehmen ist auch eine Form von Imperialismus. Man kann nicht nach dem Motto gehen, Freizügigkeit für Schokolade ja, aber nicht für Flüchtlinge.“

Die SPD müsse klare Haltung zeigen und nicht zur „inhaltlichen Beliebigkeit“ übergehen. „Die CDU gibt es schon. Wir brauchen keine zweite CDU.“ Anstatt über die sinkenden Mitgliederzahlen „zu jammern“, sollten SPD-Mitglieder ihre „Ärmel hochkrempeln“ und sich für diejenigen einsetzen, die es selbst nicht können, forderte der stellvertretende SPD-Chef.

Es gebe vielfältige Formen von Diskriminierung, nicht nur gegen Flüchtlinge. In Schleswig -Holstein gebe es deshalb eine aktive Minderheitenpolitik. So müsse man Kleinkinder mit behinderten Kleinkindern zusammen turnen und spielen lassen. „Wer eine inklusive Gesellschaft will, muss sie früh fördern“, erklärte Stegner. „Denn Kinder haben keine Vorurteile. Die kann man ihnen entweder beibringen oder nicht.“

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