Erste Hochrechnungen

Landtagswahl in Hessen: CDU klar vorne, SPD bei 15 Prozent

Jonas Jordan08. Oktober 2023
Die SPD-Landesvorsitzende und ihre Stellvertreter nach der verlorenen Landtagswahl (v.l.): Kaweh Mansoori, Nancy Faeser, Timon Gremmels.
Die SPD-Landesvorsitzende und ihre Stellvertreter nach der verlorenen Landtagswahl (v.l.): Kaweh Mansoori, Nancy Faeser, Timon Gremmels.
Seit fast 25 Jahren ist die CDU in Hessen an der Macht. Nach den ersten Hochrechnungen sieht es so aus, als könnte Ministerpräsident Boris Rhein die Koalition mit den Grünen fortführen. Die SPD kommt bei der Landtagswahl auf rund 15 Prozent.

Mehr als vier Millionen Wahlberechtigte sind am Sonntag in Hessen aufgerufen gewesen, einen neuen Landtag zu wählen. In dem Bundesland, das über viele Jahrzehnte sozialdemokratisch geprägt war, regiert die CDU inzwischen seit fast 25 Jahren, seit 2014 in einer Koalition mit den Grünen. Die SPD mit Nancy Faeser als Spitzenkandidatin war angetreten, diese Phalanx zu durchbrechen und in die Staatskanzlei zurückzukehren. Für Bundesinnenministerin Faeser, die 18 Jahre lang dem Landtag angehörte, wäre es auch die Rückkehr in ihre Heimat gewesen – als erste hessische Ministerpräsidentin.

Doch nach dem vorläufigen Endergebnis ist klar: Daraus wird nichts. Demnach wird die regierende CDU deutlich stärkste Kraft. Sie kommt auf 34,6 Prozent. Ministerpräsident Boris Rhein könnte als das Zweierbündnis mit den Grünen weiterführen. Sein bisheriger Koalitionspartner kommt auf 14,8 Prozent. Das reicht für die Partei allerdings nicht, um nach 2018 erneut zweistärkste Kraft im Landtag zu werden. Das wird mit 18,4 Prozent die AfD erstmals in einem westdeutschen Parlament. Die SPD erreicht mit 15,1 Prozent ihr historisch schlechtestes Ergebnis in Hessen. Knapp den Einzug in den Landtag geschafft hat die FDP mit 5 Prozent. Die Linke und die Freien Wähler verpassen diesen mit jeweils 3 bis 3,5 Prozent.

Kühnert: „Faeser hat unseren klaren Rückhalt als Bundesinnenministerin“

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte um kurz nach 18 Uhr in der Parteizentrale in Berlin: „Wir sind heute Abend ausdrücklich nicht die Wahlsieger. Es ist für uns ein bitterer Abend.“ Zugleich machte er mit Blick auf das bundespolitische Amt von Nancy Faeser deutlich: „Die Menschen in Hessen haben heute ein landespolitisches Votum abgegeben. Wir hätten uns ein anderes Ergebnis gewünscht, aber damit ist nichts über die Bilanz der Bundesinnenministerin Nancy Faeser gesagt.“ Kühnert verwies darauf, dass seine Parteikollegin erfolgreich im Bemühen um ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS) und stark im Kampf gegen Rechtsradikale sei. An dieser Zwischenbilanz habe sich nichts geändert. Deswegen machte er deutlich: „Sie hat unseren klaren Rückhalt als Bundesinnenministerin.“

Faeser selbst gab um 18.30 Uhr ein erstes Statement ab. „Wir haben uns erhofft, dass wir eine Landesregierung anführen können. Wir sind leider mit unseren Themen zu einem sozialeren Hessen mit bezahlbarem Wohnraum, mit einer guten Gesundheitsversorgung vor Ort und der Frage der Sicherung von Jobs in der Zukunft leider überhaupt nicht durchgedrungen. Deswegen ist es ein sehr enttäuschendes Ergebnis“, sagte sie. Zugleich sprach sie den sozialdemokratischen Wahlkämpfer*innen ihren Dank aus: „Was ich vor Ort gesehen habe, war wirklich stark. Das zeichnet diese starke SPD in Hessen auch aus. Ihr habt so stark gekämpft. Für euch tut es mir am meisten leid.“ Das Ergebnis sei nach den jüngsten Umfragen „nicht ganz so überraschend, aber sehr enttäuschend“.

Mansoori und Gremmels: Wir werden Partei und Fraktion neu aufstellen

In einer Erklärung der beiden SPD-Bezirksvorsitzenden – Kaweh Mansoori für Süd- und Timon Gremmels für Nordhessen, die um 18.10 Uhr bereits per E-Mail an die Mitglieder verschickt wurde, hieß es: „Unser eigenes Wahlergebnis schmerzt und enttäuscht. Daran gibt es nichts zu relativieren. Wir haben uns mehr vorgenommen. Nicht unseretwegen, sondern um soziale Politik für die Menschen in Hessen zu machen.“ Zugleich zeigten sich Mansoori und Gremmels überzeugt, „dass es in unserem Hessen Mehrheiten gibt für eine Politik, die das Gemeinwohl in den Mittelpunkt stellt“. Das in den Mittelpunkt der Wahlauseinandersetzung zu stellen, sei der Hessischen SPD trotz ermutigender kommunaler Wahlerfolge wieder nicht gelungen. Daher kündigten sie an: „Wir werden das Wahlergebnis in jeder Einzelheit aufarbeiten.“

Falls es für die Regierungsbildung auf die hessische SPD ankomme, trage die Partei eine Verantwortung gegenüber dem Land und den Wähler*innen. „Wir werden dieser Verantwortung auch nachkommen. Denn soziale Politik gibt es nur mit der SPD. Unsere Landesvorsitzende hat unsere vollste Rückendeckung, diesen Prozess in die Hand zu nehmen“, kündigten die beiden Bezirksvorsitzenden an und machten zugleich mit Blick auf die Zukunft deutlich: „Den Wettbewerb um die Führung der Staatskanzlei ab 2028 nehmen wir jetzt schon an. Gemeinsam mit euch werden wir uns dafür in den nächsten fünf Jahren in Partei und Fraktion neu und anders aufstellen, inhaltlich aber auch personell. Wie bisher werden wir uns dabei eng zwischen dem Norden und dem Süden abstimmen. Das macht uns stark.“ Der Anspruch bleibe, die führende politische Kraft links der Mitte in Hessen zu sein.

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Kommentare

ein gutes Ergebnis, bei all dem Geunke vorab

ein großer und herzlicher Dank an N Faeser und ihre Mannschaft, man darf wohl mit fug und recht sagen, dass es mit allem Einsatz gelungen ist, schlimmeres zu vermeiden. Da kann man doch zuversichtlich in die Zukunft schauen. Danke Nancy, weiter so

Ein Dank auch an die Genossen und innen in BY. Da wird schon mit der 5 % Klausel gedroht, die ja dann noch noch in weiter Ferne liegen blieb. Auch dies begründet doch Zuversicht, finde ich. Totgesagte leben länger, das gilt auch hier.

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Landtagswahlen

Dem Sarkasmus von Max Freitag will ch mich nicht anschließen, aber die Wahlergebnisse sind wohl die Konsquenz davon, daß die SPD programmatisch totasl verstümmelt ist. Und dagegen helfen auch (intern) hochgelobte Spitzenpolitiker:::ähm:::innen nicht. Dem Progressivismus der "Grünen" nachzueifern ist kein Programm. Die Abkehr von der Friedens- und Entspannungspolitik ist eine Schande - nennt sich KIP. Sozialpolitik blieb schon mit Hartz auf der Strecke und bei der Bildung regiert auch deer Rotstift zugunsten der Waffenlobby. Verstrickungen und Kungeleien von SPD Spitzenpolitiker:ähm:innen mit diversen Lobbys machen die Partei auch nicht glaubwürdiger.
Wann bekommen wir endlich das Cannabis, damit uns das ganze erträglicher erscheint ?

da bin ich ja wohl deutlich missverstanden worden

Sarkasmus geht anders. Wir haben unter denkbar ungünstigen Umständen ein recht ordentliches Ergebnis erzielt. Das gilt es zu würdigen, ohne wenn und aber. daher wiederhole ich , was nicht oft genug gesagt werden kann. Herzlichen Dank Nancy Faeser für die hervorragende Leistung, im Wahlkampf wie im Amt.

Hessenwahl

Ein recht ordentliches Ergebnis, ohne dass in Hessen, und ich glaube auch in Bayern, ein einziger wahlkreis direkt gewonnen wurde? Selbst die Grünen haben zwei wahlkreise errungen! Es muss doch wohl auch in Hessen jemanden geben der in der Lage ist das Vertrauen einer Mehrheit der wahlbevölkerung zu verdienen

Friedens- und Entspannungspolitik

Im Augenblick führen die Meinungsmacher im Fernsehen die schlechten Ergebnisse der Wahlen vom Sonntag auf das Erscheinungsbild der Ampel und deren Migrationspolitik zurück. Das ist auch gewiss nicht falsch. Ich bin aber sicher, dass sich die von Armin Christ ausgemachte „Schande“ nicht weniger auf das Wahlergebnis ausgewirkt hat.

SPD-Abgeordnete

hintertrieben 2008 eine SPD-Landesregierung in Hessen.

Davon hat die SPD sich bis heute nicht erholt.

Den hessischen Wählern bot die SPD jetzt zudem nicht wirklich etwas an.

Landtagswahl in Hessen und Bayern am 08. Oktober 2023

Die SPD Hessen und insbesondere die SPD Bayern haben eine krachende Wahlniederlage eingefahren. Diese krachenden Wahlniederlagen gegen zu sehr weiten Teilen auch auf das Konto der Regierungs-SPD in Berlin. Auf der Flasche, wo SPD draufsteht, sollte auch Sozialdemokratie drin sein - insbesondere in der Sozial- und Friedenspolitik!. Weit gefehlt!: Die Berliner Regierungs-SPD lässt sich von der Berliner Regierungs-FDP permanent am Nasenring durch die politische Arena ziehen. Ein arroganter, fachlich unfähiger FDP-Finanzminister Lindner, ein ökologisch eindeutig ignoranter FDP-Verkehrsminister Wissing, eine kriegshetzerische FDP-Politikerin Strack-Zimmermann - wie lange will die Berliner Regierungs-SPD das noch aktiv mitmachen bzw. passiv erdulden? Das Ampel-Modell (Vorbild Rheinland-Pfalz) mag in RLP im Großen und Ganzen erträglich sein. In der Berliner Bundesregierung ist es ein Chaos- und Verschleißmodell. Willy Brandt wird sich an seinem 31.Todestag über die gegenwärtige Regierungs-SPD nicht gefreut haben.
Die Rechtskonservativen, Rechtspopulisten bis Rechtsextremen werden immer zahlreicher. Die Sozialdemokratie darf hier niemals wie das
Kaninchen vor der Schlange stehen!

Willy Brandt

Der Willy als Zeuge gegen die FDP?? Sicher? Regierte er nicht mit der Pünktchenpartei.... Ich mag Wissing auch nicht, aber Chaos in der Regierung sähen HeizungsHabeck und Hofreiter

Willy Brandt

Nirgendwo wird im meinem Kommentar wird Willy Brandt als Zeuge gegen die FDP genannt. Bitte genau lesen, in welchem Zusammenhang ich Willy Brandt genannt habe.
Übrigens: Willy Brandt hat mit einer Walter Scheel-FDP regiert. Nicht mit einer Hans-Dietrich Genscher-FDP. Und auch nicht mit einer Graf-Lambsdorff-FDP usw. usw.

Die FDP als Bürgerrechts-Partei im Sinne eines z.B. Gerhard Baum, Burkhardt Hirsch wurde von mir immer geschätzt. Die heutige pur neoliberale FDP kann meiner Wertschätzung nicht teilhaftig werden.