Geschlechtergerechtigkeit

Frauen in der Politik: Was sie anders machen als Männer

Sebastian Thomas24. März 2023
Laut Katja Mast sitzen in der SPD-Bundestagsfraktion viele starke Frauen. Sie und Annika Klose sind zwei davon.
Laut Katja Mast sitzen in der SPD-Bundestagsfraktion viele starke Frauen. Sie und Annika Klose sind zwei davon.
Katja Mast sitzt seit 2005 im Deutschen Bundestag. Annika Klose zog 2021 ins höchste deutsche Parlament ein. Was haben sie vielleicht anders gemacht als ihre männlichen Kollegen?

Was bedeutet es als Frau in der Politik aktiv zu sein? Werden Frauen anders wahrgenommen als Männer? Müssen sie sich vielleicht sogar anders verhalten als ihre männlichen Kollegen? Darüber hat der „vorwärts“ mit Katja Mast, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, und der Bundestagsabgeordneten und früheren Berliner Juso-Landeschefin Annika Klose gesprochen.

SPD-Bundestagsfraktion hat viele starke Frauen

Beide engagieren sich schon sehr lange in der SPD und wissen, was es heißt als weibliche Führungskraft im Politikbetrieb unterwegs zu sein. „Ich finde schon, dass Frauen eine Schippe drauflegen müssen, um ernst genommen zu werden“, sagt Katja Mast. Doch die Politik habe an dieser Stelle in den vergangenen Jahren schon große Fortschritte gemacht, schränkt sie ein.

„Die SPD-Bundestagsfraktion hat viele starke Frauen – in jedem Alter. Ich wäre froh, wenn das in der Wirtschaft auch so wäre.“ Man arbeite intensiv daran, die gläserne Decke zu durchbrechen. Gleicher Anteil am Haben und Sagen, gibt Katja Mast die Devise vor. Seit 2005 sitzt die heute 52-Jährige im höchsten deutschen Parlament.

Im Zuge des Regierungswechsels wird sie 2021 Erste Parlamentarische Geschäftsführerin. „Ich kann nur darüber spekulieren, wie meine Karriere verlaufen wäre, wenn ich als Mann geboren worden wäre“, sagt sie. Eine Frau zu sein habe ihre politische Arbeit natürlich auch geprägt. Sie ist sich sicher: „Frauen werden immer noch anders betrachtet als Männer.“

Den Eindruck mehr leisten zu müssen als ein Mann

„Als frisch gewählte Juso-Landesvorsitzende hatte ich damals das Gefühl, mehr leisten zu müssen als meine männlichen Parteigenossen.“ Als Beispiel nennt die Bundestagsabgeordnete männlich dominierte Gremien innerhalb der Partei, in denen vor allem Männer über 50 Jahre tonangebend gewesen seien.

„Dort hatte ich den Eindruck, dass ich mich und mein Können jedes Mal aufs Neue unter Beweis stellen musste“, erklärt sie. Laut ihrer Aussage reichte es nicht aus, was sie sagte: Wenn sie ihre Meinung zu einem bestimmten Thema kund tat, „wurde da teilweise drüber hinweggegangen“.

Sie musste stets darauf hinweisen, was zu dem besprochenen Thema eventuell auf einem Parteitag bereits beschlossen wurde oder ob sich bestimmte Personen im Vorfeld in eine ähnliche Richtung geäußert hatten. Als sie 2021 für die SPD in den Bundestag einzog, tauchte das Gefühl ab und an wieder auf: Manche ältere männliche und auch weibliche Abgeordnete, so der Eindruck von Annika Klose, begegneten den jüngeren Kolleg*innen mit Skepsis.

Menschen auf Augenhöhe begegnen

„Ich vermute, dass sie die Sorge hatten, dass wir ihnen ihren Platz streitig machen oder nicht an einer kollegialen Zusammenarbeit interessiert sind“, erklärt sie. Doch das sei nicht der Fall gewesen: „Ich glaube, sie haben dann auch ganz schnell gemerkt, dass wir konstruktiv mitarbeiten und die Themen voranbringen wollen.“

Fragt man Katja Mast nach einer ihrer Charaktereigenschaften, die ihr im politischen Betrieb geholfen haben, antwortet sie ohne großes Nachdenken: Empathie – „die hilft übrigens bei der Führung von Männern und Frauen gleichermaßen“. In der Politik müsse man zuhören können und sein Gegenüber ernst nehmen.

Dabei verfolgt Katja Mast ein Credo: Menschen auf Augenhöhe begegnen. „Im Gegenzug bin ich sehr verlässlich, mein Wort gilt.“ Dass schätzen ihre Gegenüber an ihr sehr, glaubt sie.  Annika Klose nennt im Gegenzug genau zwei Charaktereigenschaften: Durchsetzungskraft und Beharrlichkeit.

„Wenn man eigene Ideen entwickelt, sollte man sich von eventuell aufkommenden Widerständen nicht sofort entmutigen lassen“, erklärt sie. Und eine andere Sache, die sie als Funktionsträgerin in einer Partei gelernt hat: „Die Mühlen in der Politik mahlen langsam.“ Bis eine Idee umgesetzt sei, vergehe viel Zeit. „Da muss man hartnäckig dranbleiben“, empfiehlt sie.

"Sucht euch Verbündete"

Für Frauen und Mädchen, die gegebenenfalls mit dem Gedanken spielen, auch ein politisches Amt zu ergreifen, hat Annika Klose folgenden Rat: „Sucht euch Verbündete“. Das sei das A und O. „Steht nicht allein da, sondern sucht euch ein Frauen-Netzwerk oder zumindest Leute, denen ihr vertrauen könnt und mit denen eine Zusammenarbeit möglich ist.“ Zuletzt sollte man sich nicht alles zu Herzen nehmen.

„Nicht jede Kritik ist berechtigt“, erklärt sie. Man könne nicht jede*n von seiner Idee überzeugen. Jedoch: „Das, was einem wichtig ist, sollte man nie aus den Augen verlieren.“ Als Frau nicht alles persönlich zu nehmen, empfiehlt Katja Mast. Es gehe oft nicht um die Person selbst.

Auch seien Freundschaften außerhalb der Politik und ein zufriedenes Privatleben sehr wichtig. Ansonsten sollten Frauen „immer etwas wollen und das auch mit gesundem Selbstbewusstsein angehen“, rät sie. Am Ende gehe es darum, Politik zu gestalten und Dinge voranzutreiben und zu verändern – „deshalb bin ich in der Politik und nicht wo anders“.

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