Vor 50 Jahren kniete Willy Brandt in Warschau. Der Bundeskanzler bat damit stellvertretend für sein Land um Vergebung für das Leid, das die Deutschen im Zweiten Weltkrieg über die Menschen in Polen gebracht hatte. „Bis heute steht kein Bild so eindrücklich wie der Kniefall in Warschau für den schwierigen Weg der deutschen Nachkriegsgesellschaft zu einer selbstkritischen Auseinandersetzung mit ihrer NS-Vergangenheit und zu einer Verständigung im Kalten Krieg“, heißt es in einer Resolution, die der SPD-Parteivorstand am Montag beschlossen hat.
Der Kniefall ist Mahnung und Auftrag zugleich
Mit seiner Politik habe Willy Brandt den „Weg für eine gesamteuropäische Friedensordnung und letztlich auch für die Einheit der Deutschen“ bereitet. „Seine Geste von damals ist für uns auch jetzt noch Mahnung und Auftrag zugleich. Die im deutschen Namen verübten Verbrechen in Europa dürfen niemals relativiert oder gar vergessen werden.“
Brandts Kniefall habe einen „außenpolitischen Paradigmenwechsel“ eingeleitet, betonte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken am Montag. Die Geste des ersten sozialdemokratischen Bundeskanzlers habe sein Versprechen, „ein Volk der guten Nachbarn“ sein zu wollen bildhaft mit Leben gefüllt. „Wenn man da steht, versteht man, was Willy Brandt gemeint hat als er sagte, er habe getan, was Menschen tun, wenn die Sprache versagt“, sagte der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans, der am Samstag an derselben Stelle wie Brandt 50 Jahre zuvor einen Kranz niedergelegt hatte.
Solidarität und Grundwerte gehören zusammen
Zwar sei die Nachbarschaft zwischen Deutschen und Polen auch heute nicht immer leicht, „aber sie hat eine gute Basis, um unterschiedliche Meinungen auszutragen“. Der SPD-Vorstand schlägt mit seiner Resolution daher auch den Bogen von der Vergangenheit in die Gegenwart und betont: „Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten treten wir gerade in dieser herausfordernden Zeit mutig für ein neues, europäisches Miteinander ein. Für uns gehören dabei Solidarität unter den Mitgliedsstaaten sowie das Bekenntnis zu den Grundwerten, die uns in Europa verbinden und ausmachen, unteilbar zusammen.“
Die Parteiführung bezieht sich damit auf den aktuellen Streit zwischen der EU auf der einen und Polen und Ungarn auf der anderen Seite, ob die Zahlung von EU-Geldern aus dem Haushalt wie aus dem Corona-Wiederaufbaufonds an die Einhaltung von rechtsstaatlichen Prinzipien gekoppelt sein darf. „Wir haben den Weg bereitet, dass Europäerinnen und Europäer gemeinsam die Krise meistern können und der Zusammenhalt gewahrt bleibt“, schreibt der SPD-Vorstand. „Diesen Weg wollen wir entschlossen und miteinander fortsetzen.“