Buchvorstellung und Gespräch

Reden ist Silber, Redenschreiben ist Gold

Farnaz Nasiriamini01. Juli 2015
Wie wird man Redenschreiber? Was macht eine gute Rede aus? Und wie steht es um die Beziehung zwischen Politik und Medien? Diesen Fragen gingen am Montag eine Buchvorstellung und ein Gespräch zwischen Autor Markus Franz und Peer Steinbrück nach.

„Ich war kein Redenschreiber“, erklärt der Autor und Journalist Markus Franz gleich zu Beginn der Vorstellung seines Buchs „Reden, Schreiben, Wirken und ganz nebenbei ein besserer Mensch werden“ am Montag in der „vorwärts“-Buchhandlung im Willy-Brandt-Haus. „Bis Andrea Nahles, die damals SPD-Generalsekretärin war, mich fragte, ob ich ihr Redenschreiber werden wollte. Ich hatte davor höchstens zwei Reden für mich selbst geschrieben“, erinnert er sich. Nach seiner Arbeit für Andrea Nahles wurde Franz Leiter des Redenschreiberteams von Peer Steinbrück als dieser 2013 für die SPD als Bundeskanzler kandidierte. Mittlerweile trainiert Franz seit 16 Jahren als Coach Journalisten, Pressesprecher und Politiker in kreativem Schreiben.

„In Amerika sind Redenschreiber echte Granaten“, betont Franz. „Dort hat die politische Rede eine sehr hohe Bedeutung.“ In Deutschland dagegen sei die Rede, vor allem die politische, sehr unterbewertet. Es gebe kaum gute Redner und dazu auch kein Bewusstsein, was eine gute Rede ausmachen kann. Die Reden im Bundestag etwa empfindet Franz meistens als langweilig. Wenn er Politiker frage, warum sie so eintönige Reden hiellten, bekomme er als Antwort oft gesagt: „Reden bringen doch eh nichts. Die Entscheidungen sind doch schon längst vor einer Rede gefallen.“ Da wundere ihn die schlechte Wahlbeteiligung nicht. „Niemand bringt uns bei gut zu reden und zu schreiben“, klagt Franz.

Die Feigheit der Politiker

„In Deutschland sind selbst gute Professoren und Manager schlecht darin, Vorträge zu halten“, weiß auch Peer Steinbrück. Mittlerweile sei das ein breites gesellschaftliches Problem. Doch woran liegt das? „Es hat vor allem mit Feigheit zutun“, vermutet Franz. „Politiker haben Angst davor, etwas zu wagen“, stimmt ihm Peer Steinbrück zu. „Medien wollen, dass man wahrhaftig seine Meinung sagt, dochwenn man es tut, wird man von den Medien auseinander genommen.“. Politiker würden dazu erzogen, ihre Meinung zu verbergen. Und die Medienvertreter würden die ganze Zeit austeilen. „Sie können aber selbst nicht einstecken“, hat Steinbrück festgestellt. Auch mangele es an Qualitätsjournalismus. Es gehe nur noch um Klickzahlen. „Die Medien müssen sich mit der Problematik der Medienverdrossenheit beschäftigen“, fordert daher Steinbrück.

„Für politische Aussagen muss man penetrant sein.“

Aber wie schreibt und redet man nun gut? Ein Muss sei es, Menschen mit einzubeziehen, meint Marcus Franz. „Denn man schreibt für Menschen von Menschen über Menschen.“ Jeder Mensch habe ein Sprachgefühl, aber häufig würden andere Schreibstile kopiert. „So geht der Reichtum der Sprache verloren“, bedauert Franz. „Die Hälfte der Bevölkerung weiß nicht mal mehr was ein Konjunktiv ist“, beschwert sich Peer Steinbrück, der auch selbst mal für einen Minister Redenschreiber war. „Redenschreiber sein ist eine hohe Kunst“, weiß er. „Aber Gestik und Mimik spielen beim Reden auch eine entscheidende Rolle. Und für politische Aussagen muss man penetrant und nicht originell sein.“

Auch während des Wahlkampfs hätten er und sein Redenschreiber ihre Differenzen gehabt, plauderte Steinbrück schließlich noch ein wenig aus dem Nähkästchen. „Markus war ganz schön oft frech. Er hat mir nach jeder Rede Zeugnisse geschrieben mit Verbesserungsvorschlägen. Manchmal stand drauf ‚Versetzung gefährdet’ manchmal ‚gerade noch ausreichend’“, schmunzelt Steinbrück. Ob man jemanden sympathisch finden müsse um für ihn Reden zu schreiben, möchte Moderator Grill zum Schluss von Markus Franz wissen. „Redenschreiben ist ein Handwerk“, antwortet der. Natürlich könne man daher auch für jemanden Reden schreiben, den man nicht mag. „Aber Peer war mir sympathisch.“

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Kommentare

Rede schreiben

Ich stimme Ihnen zu. Leider sind die Reden oft zu langweilig. Es wird zwar viel wertvolles auf der politischen Szene gesagt, aber nicht exponiert. Es gibt in Deutschalnd viele Redenschreiber, allerdings wird das Pozenzial nicht genutzt. Reden kann man schreiben lassen wie z.B. http://business-and-science.de/rede-schreiben-lassen/ und es ist moralisch nicht verwerflich.

Langweilig werden Reden erst,

Langweilig werden Reden erst, wenn sie aus stumpfen Floskeln und inhaltslosen Phrasen bestehen. Deren Nutzung kann ich Politikern nicht verübeln. Schließlich reicht heute schon ein unglücklich formulierter Satz aus um aus jemandem zum Gespött sozialer Medien zu machen.