Demokratie

Für mehr Beteiligung: So arbeitet der neue Bürgerrat

Jonas Jordan29. September 2023
Am Freitag nimmt der erste Bürgerrat auf Bundesebene seine Arbeit auf.
Am Freitag nimmt der erste Bürgerrat auf Bundesebene seine Arbeit auf.
Welche Meinung haben die Deutschen zum Thema „Ernährung im Wandel“ und welche politischen Ideen lassen sich daraus ableiten? Mit diesen Fragen wird sich der erste Bürgerrat auf Bundesebene beschäftigen. Weitere sind bereits in Planung.

Eingesetz wurde er bereits im Mai. Die Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und FDP hatten damals einen Antrag mit dem Titel: „Einsetzung eines Bürgerrates Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben“ vorgelegt – und das Parlament ihn beschlossen.

160 Personen zufällig ausgewählt

Der erste Bürgerrat auf Bundesebene soll unter anderem Fragen zur Lebensmittelkennzeichnung und -verschwendung beraten. Dafür wurden 160 Bürger*innen ausgelost, die nun Fragen zur Umwelt- und Klimaverträglichkeit, den Haltungsbedingungen von Nutztieren, zur Herstellung von Produkten, einer transparenten Lebensmittelkennzeichnung und Lebensmittelverschwendung diskutieren.

Die Teilnehmer*innen wurden zufällig ermittelt. In Frage kam jede*r ab 16 Jahren mit Wohnsitz in Deutschland. Bei der Zusammensetzung wurde darauf geachtet , dass die Bürger*innen je nach Alter, Geschlecht, regionaler Herkunft, Gemeindegröße und Bildungshintergrund fair beteiligt werden. Auch der Anteil sich vegetarisch oder vegan ernährenden Personen an der Bevölkerung soll entsprechend im Bürgerrat abgebildet sein.

Empfehlungen bis 2024 erarbeiten

Die Mitglieder erhalten pro Präsenzsitzung eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 100 Euro, bei digitalen Zusammenkünften sollen es 50 Euro sein. Ihre Sitzungen sollen von einer neutralen Moderation geleitet werden. Forscher*innen und Praktiker*innen werden die Bürger*innen bei ihrer Arbeit unterstützen. Die Teilnehmer*innen sollen insgesamt circa 40 Stunden diskutieren und bis Anfang 2024 ein Bürgergutachten mit Empfehlungen für die Politik erarbeiten. 

Zu dem Bericht werde in erster Beratung eine Aussprache stattfinden, kündigte der Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion Katja Mast an. Es sei beabsichtigt, den Bericht dem Bundestagsausschuss für Ernährung und Landwirtschaft zur federführenden Beratung zu überweisen. Außerdem sollen die Ausschüsse für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, für Gesundheit, für Arbeit und Soziales, für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, für Inneres und Heimat, für Klimaschutz und Energie, für Kultur und Medien, für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen mitberatend beteiligt werden.

Zwei weitere Räte sollen folgen

Laut Katja Mast soll der Bürgerrat zum Thema „Ernährung im Wandel“ nur der Auftakt sein, zwei weitere Räte zu anderen Themen sollen zu einem späteren Termin noch folgen. „Das Wichtige ist, dass sie den Parlamentarismus ergänzen, eine moderne Form der Bürgerbeteiligung sind, das Parlament aber nicht ersetzen wollen, sondern ihm Ratschläge geben“, sagt die SPD-Politikerin. Die Idee zur Einsetzung der Räte sei aus ihrer Sicht ein weiterer Beleg dafür, „dass wir unseren Politikstil ändern wollen und auf mehr Beteiligung setzen“.

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Kommentare

mir reicht das nicht aus, wer

Bürgerbeteiligung als solche will, muss Volksbegehren und Volksabstimmungen zulassen. Hier wird ein Thema selektiert- ("hierüber dürfen ausnahmsweise auch mal Nichtpolitiker befinden"), dass dann den Eindruck zunehmender Beteíligungsrechte erwecken soll. Das Gegenteil ist der Fall . Gerade angesichts der abnehmenden Mitgliederzahlen in den Parteien entfernen sich die immer weiter von der Basis bzw laufen Gefahr dies zu tun. Dem begegnen wir am besten durch Volksinitiativen, die von organisierten Gruppen bedarfsgerecht den Volkswillen ergründen und repräsentieren können, wenn man sie denn lassen würde. In den Parteien finden sich zuviele Menschen mit ihren Belangen nicht mehr repräsentiert- die Parteien haben sich zu "Firmen" mit unterschiedlicher Angebotspalette entwickelt- Bürgerbeteiligung ist da nicht