Neue Bundestagsabgeordnete

Ein Jahr nach Bundestagswahl: Vier neue SPD-Abgeordnete ziehen Bilanz

Benedikt DittrichDaniela Sepehri26. September 2022
Seit einem Jahr mittendrin: Derya Türk-Nachbaur, Takis Mehmet Ali, Ye-One Rhie und Robin Mesarosch (im Uhrzeigersinn von oben links)
Seit einem Jahr mittendrin: Derya Türk-Nachbaur, Takis Mehmet Ali, Ye-One Rhie und Robin Mesarosch (im Uhrzeigersinn von oben links)
Bei der Bundestagswahl zogen viele Abgeordnete erstmals für die SPD in das Parlament ein. Wir haben sie gefragt, wie sie auf den Wahlabend und ihr erstes Jahr in Berlin zurückblicken.

Als am Sonntagabend die ersten Prognosen auf den Fernsehbildschirmen erscheinen, bricht an vielen Orten großer Jubel aus. Viele Sozialdemokrat*innen können Wahlsiege feiern. Andere müssen dann aber doch noch ganz genau hinschauen, rechnen, abwarten – und schlussendlich bangen. Bei manchen kommt die erlösende Nachricht erst spät in der Nacht oder gar am nächsten Morgen: Es hat doch mit dem Einzug in den Bundestag geklappt. Mit dem Direktmandat, über die Parteiliste oder gar mit einem Ausgleichsmandat. Wie blicken die Wahlsieger*innen von 2021 heute auf den Wahlabend zurück – und wie war das erste Jahr in Berlin?

Zu den Sozialdemokrat*innen, die am längsten bibbern mussten, gehörte wohl Ye-One Rhie. Über ein Ausgleichsmandat rutschte sie letzendlich noch in den Bundestag. Das dauerte sogar noch ein paar Tage, weil einzelne Wahlkreise in Deutschland neu ausgezählt wurden – und an dem Ergebnis hing das Ausgleichsmandat.

Von Aachen in die SPD-WG in Berlin

„Aber wir haben uns gesagt, wir feiern, egal wie es ausgeht“, erinnert sich die Konkurrentin des damaligen CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet an den Wahlsonntag. Gegen 6 Uhr am Montagmorgen habe sie dann das vorläufige amtliche Wahlergebnis erfahren – und hatte damit ihr Ticket nach Berlin. „Dann begann der Stress“, erzählt Rhie, die sich sofort auf Wohnungssuche begab – und letztendlich mit mehreren SPD-Abgeordneten eine Wohngemeinschaft gründete.

Takis Mehmet Ali gibt zu: Er habe sich „total geärgert“ am Wahlabend. Um drei Prozentpunkte habe er das Direktmandat im Wahlkreis Lörrach-Müllheim verpasst. In den Bundestag zog er schließlich über die Parteiliste der SPD Baden-Württemberg ein. „Egal, beim nächsten Mal schaffen wir's“, sagt er heute. Umso mehr freut er sich, dass die SPD, in der „Fortschrittskoalition“, wie er die Ampel nennt, bereits so viel erreicht hat: „Wir lassen Hartz IV endlich Geschichte werden“, greift er einen Punkt heraus. Auch die Erhöhung des Mindestlohns erwähnt er in seinem kurzen Video, da er für den „vorwärts“ aufgenommen hat. „Ich freue mich auf die nächsten Jahre“, blickt der Abgeordnete optimistisch in die sozialdemokratische Zukunft im Bundestag. Takis Mehmet Ali sitzt unter anderem in der Arbeitsgruppe „Arbeit und Soziales“, kämpft dort für einen besseren, gerechteren Sozialstaat.

„Wenn das mal nicht genial ist“, sagt Derya Türk-Nachbaur, wenn sie an ihren ersten Gedanken am Abend der Bundestagswahl zurückdenkt. Zum einen, weil die SPD auf Bundesebene ein so gutes Ergebnis einfuhr. „Da war die Freude riesengroß“, sagt die SPD-Abgeordnete aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis. Auch ihr gelang der Einzug ins Parlament im traditionell „schwarzen“ Baden-Württemberg über einen SPD-Listenplatz, sie konnte am nächsten Morgen ihre Koffer packen. Türk-Nachbaur ist damit die erste SPD-Abgeordnete für ihren Wahlkreis seit mehr als 20 Jahren. Über ihren Wahlkampf hat sie auch im „vorwärts“-Podcast „SPDings“ gesprochen.

Mit Optimismus und Zuversicht in die Zukunft

Vor einem Jahr habe sie noch „bibbernd und zitternd“ in einem Café mit ihren Mitstreiter*innen gesessen, erzählt sie. Nun, ein Jahr später, habe sich viel verändert – beruflich, privat, aber eben auch politisch. „Wir haben es mit riesig großen Herausforderungen zu tun“, meint Türk-Nachbaur nach einem Jahr in Berlin, gibt sich aber zuversichtlich: „Deutschland packt das, wir packen das, wenn wir zusammenstehen.“

Der Sozialdemokrat Robin Mesarosch hat sich bei seinem Rückblick auf die Bundestagswahl und das vergangene Jahr hingegen genau angeschaut, was sich seitdem eigentlich in seinem Wahlkreis verändert hat. „Viele sagen, es verändert sich gar nichts“, leitet er in seinem Video ein und nimmt seine Zuschauer*innen dann auf eine Reise durch die Zollernalb und Sigmaringen mit.

Mesarosch kommt am Ende, nach einem Blick auf Krankenhäuser, Eisenbahnstrecken und viele verschiedene Projekte in seinem Wahlkreis, zu dem Fazit: „Machen wir'n Schlussstrich drunter: Ganz viel verändert sich. Manches zum Schlechten aber so viel zum Guten!“ Und er schließt mit einem Appell: „Wenn wir was zum Guten verändern wollen, müssen wir's zusammen machen.“ Auch Mesarosch gelang es, wie Derya Türk-Nachbaur, dass nach vielen Jahren auch im Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen die SPD wieder einen Abgeordneten nach Berlin schicken kann.

 

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