Migration

Experten: So könnte ein deutsches Einwanderungsgesetz aussehen

Paul Starzmann24. April 2018
Bundesamt für Migration in Nürnberg: Die Zuwanderung nach Deutschland müsse gesetzlich gesteuert werden, fordern Experten.
Die Zuwanderung nach Deutschland müsse einfacher gestaltet werden, fordern Experten. Sie schlagen vor, die gesetzlichen Hürden für ausländische Arbeitnehmer zu senken. Von einem Punktesystem nach kanadischem Vorbild halten die Fachleute wenig.

„Unser Land braucht geeignete und qualifizierte Fachkräfte in großer Zahl“, heißt es im Koalitionsvertrag von Union und SPD. Die Groko-Partner haben sich für diese Legislaturperiode vorgenommen, „ein Regelwerk zur Steuerung von Zuwanderung in den Arbeitsmarkt“ zu erarbeiten – also ein Einwanderungsgesetz.

Migration: „Querschnittsaufgabe der Politik“

Wie ein solches Gesetz konkret aussehen wird, das ist bislang jedoch unklar. Einen Vorschlag dazu hat am Dienstag der von der Industrie finanzierte „Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration“ in Berlin gemacht. Dort hat das elfköpfige Gremium seinen Jahresbericht 2018 vorgestellt. Die zentrale Frage: „Was können Einwanderungs- und Integrationsgesetze leisten?“

Der Vorsitzende des Sachverständigenrats, der Wirtschaftswissenschaftler Thomas Bauer, begrüßte das Vorhaben der Bundesregierung, die Zuwanderung gesetzlich zu regeln. Das könne eine „Signalwirkung“ entfalten – und klarmachen, dass sich Deutschland ganz offiziell als Einwanderungsland verstehe. Bauer sieht Migrations- und Integrationsfragen als „Querschnittsaufgabe der Politik“, die ressortübergreifend angegangen werden müsse. In manchen Teilbereichen besteht aus seiner Sicht jedoch kein Reformbedarf. So gebe es in Deutschland für ausländische Akademiker bereits „sehr liberale Regelungen“. Auch seien für eine gute Eingliederung der Zuwanderer in die Gesellschaft oft keine neuen Gesetze notwendig. Für Sprachkurse etwa brauche es nur die nötige Infrastruktur – aber keine speziellen Verordnungen.

Punktesystem zu kompliziert?

In anderen Bereichen müsse der Gesetzgeber jedoch tätig werden, forderte Bauer. Der Wirtschaftswissenschaftler will vor allem die gesetzlichen „Regeln offener gestalten“, um mehr „Erwerbsmigration“ nach Deutschland zu ermöglichen. Außerdem müssten die Gesetze wesentlich einfacher werden. „Über die Jahre ist aus den verschiedenen Normen zu Einwanderung ein wahrer Dschungel aus verschiedenen Gesetzen und Verordnungen geworden“, heißt es in dem Gutachten des Stiftungsrats.

Ein Punktesystem, wie es vielen in der Politik vorschwebt, sieht Bauer skeptisch. Es könne die Lage sogar noch „sehr viel komplizierter“ machen. Er befürchtet, „dass wir damit bei einer sehr viel restriktiveren Regelung landen als wir sie bislang haben“. Der Vorschlag des Punktesystems orientiert sich am Vorbild Kanada, wo Einwanderer einen strengen Katalog an Kriterien erfüllen müssen, um eine Arbeitserlaubnis zu erhalten – etwa Englischkenntnisse, ein gewisses Alter oder Anspassungsfähigkeit. Kanada komme mittlerweile jedoch von diesem System ab, erläuterte Bauer. Wichtiger werde auch dort, dass Zuwanderer einen Arbeitsvertrag mit einer inländischen Firma vorweisen könnten.

Deutschland braucht Zuwanderung

Ein Arbeitsvertrag ist in Deutschland nach derzeitiger Rechtslage ebenfalls eine Voraussetzung für Nicht-EU-Ausländer, um eine Arbeitserlaubnis zu erhalten. Daran will auch der Sachverständigenrat nicht rütteln. Die anderen Kriterien, die ein Zuwanderer erfüllen muss, um hierzulande arbeiten zu dürfen – die wollen die Experten jedoch verändern, um mehr Zuwanderung zu ermöglichen.

So sei der sogenannte Gleichwertigkeitsnachweis in der Praxis „das zentrale Ausschlusskriterium“ für ausländischer Bewerber, kritisierte Bauer. Nach dieser Regelung müssen ausländische Arbeitnehmer nachweisen, dass ihre Ausbildung der deutschen gleichwertig ist. Diese Regelung könne aus Sicht der Experten ersetzt werden – etwa durch den Nachweis guter Deutschkenntnisse. Aktuell dürfen ausländische Arbeitnehmer vor allem in „Mangelberufen“ arbeiten – also dort, wo Personal fehlt. Auch diese Vorgabe will der Sachverständigenrat weniger restriktiv gestalten und so den Arbeitsmarkt für auslädnische Arbeitnehmer weiter öffnen.

Ob die Bundesregierung die Vorschläge der Forscher annimmt, wird sich zeigen. Der Jura-Professor Daniel Thym, ebenfalls Mitglied im Sachverständigenrat, ist zuversichtlich, dass das Einwanderungsgesetz noch in der laufenden Legislaturperiode kommt – denn bei Union und SPD sei ein „großer Wille, die Sachprobleme anzugehen“.

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Kommentare

Integration nicht gewünscht

Ich lebe in einem "Hotspot", nämlich Duisburg-Hochfeld.
Deshalb habe ich regelmäßig und oft Kontakt zu den vornehmlich muslimischen Bewohnern dieses Stadtteils.
Ich habe noch niemand getroffen, der die ehrliche Absicht hat, sich zu integrieren.
Allerdings höre ich oft in diesen Diskussionen, mit der Betonung auf die hohe Geburtenrate, dass Integration auch gar nicht nötig ist, denn in spätestens 20 Jahren würden eh die Muslime bestimmen, wo es in Deutschland lang geht und man empfiehlt mir, mich schon mal an eine muslimische Lebensweise anzupassen, harmlos formuliert.
So sieht die Realität aus, da wird über ein Integrationsgesetz nur gelacht.

um Moslems geht´s hier aber gar nicht -

- offensichtlich wollen "die wissenschaftlichen Experten", dass dem Arbeitsmarkt williges "Humankapital" zugeführt werden kann.
Scheinbar ist der Hartz IV - Pool soweit ausgepresst, dass nicht mehr genügend Druck auf die Löhne entsteht.
Und steigende Löhne entfalten bekanntlich toxische Wirkung im "freien Markt".

Dieser Gefahr muss natürlich mit aller Kraft entgegen getreten werden.
Also fabuliert man vorerst um einen "Fachkräftemangel" herum, um dann genau diesem Mangel mit "wissenschaftlicher Methodik" zu begegnen.

So könnte ein deutsches Einwanderungsgesetz aussehen

A und O ist der Erwerb der deutschen Sprache. Dem Bergentest [Norwegen] entsprechend muss ein auch im Ausland bestandener "Goethetest" [C1] Bedingung sein. Die Anerkennung von Schul-/Studien- und Berufsabschlüssen muss kammerübergreifend bei der Bundesagentur für Arbeit dezentral vereinheitlicht werden. Die Arbeitsagenturen brauchen einen aktiven Vermittlungs- und Akquirierungsauftrag, um damit auch proaktiver im EURES Netzwerk zu sein. Die Vielfalt von Einzelgesetzen auch für Aufenthaltsrecht, Wohnsitz und Arbeitserlaubnis muss geglättet und pragmatisch vereinfacht werden. Arbeitsgeber müssen verpflichtet werden, interne Stellen national auszuschreiben. Für internationale Ausschreibungen müssen sie zu einer Bürgschaft nach kalendarischen Befristung [TzBfG] verpflichtet werden. Die Bewerbungsverfahren für Arbeits- und Wohnungssuche müssen diskriminierungsfrei gestaltet sein. Es braucht nach skandinavischen Vorbild eine einheitliche Sozialversicherungsnummer. Ganztagskinderbetreuung und Ganztagsschule mit Vereinsbindung runden den beruflichen Einstieg ab. Anerkannte Asylbewerber(innen) und Flüchtlinge [Genfer Konvention] dürfen nicht in ein Einwanderungskontigent angerechnet werden.

Nachtrag

Eine weiteres Feld ist die ungeklärte Aufhellung der Schattenwirtschaft [336 Mrd.€ (2016) / 10,8 % i.V.z. BIP] durch Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung auch von Einwanderern.

Neben der ausnahmslosen Ausweitung des Mindestlohnes, der Allgemeinverbindlichkeitserklärung der herrschenden Tarifverträge [relative Mächtigkeit] in allen Branchen und Zurückdrängung von sozial-, arbeits- und steuerrechtlichen Subventionierung der Unternehmen braucht es alle 10 Jahre eine Amnestierung von illegaler Arbeit und Aufenthalt von Migranten. Dazu gehört ein Bürokratieabbau und erleichterter Zugang zu Legalisierungsverfahren des Aufenthaltsstatus inkl. der Möglichkeit de straffreien Selbstanzeige solcher Arbeitgeber wie bei Steuersünden.

Eine intakte Integrationsgesetzgebung fußt nicht auf einer Bevormundungskultur, sondern der Pflicht zur Inkulturation von Einwanderern SOWIE der Pflicht zur interkulturellen Kompetenz der einheimischen Bevölkerung. Die Fehler und Folgen aus einer misslungenen "Gastarbeiter" und "Ausländer" Politik sind hinreichend wissenschaftlich erforscht und müssen schnellstmöglich von Arbeits- und Sozial- bis hinzu Wohnungspolitik sozialdemokratisch umgesetzt werden.

Unnötig überdrehte Debatte

Die Debatte um Einwanderung wird m.E. unnötig aufgeregt und unsachlich geführt. Gleichzeitig nutzen Rechte dieses Thema, um unsere Gesellschaft zu spalten und Hass zu säen.

Das Zusammenleben von Einwanderern und Deutschen funktioniert aber besser, als oft dargestellt. Einwanderungsgesetze wie in Australien und Kanada machen nur begrenzt Sinn, weil wir Teil der EU und ihrer Freizügigkeit sind.

Die Hetze gegen "unqualifizierte" Zuwanderer ist sowieso ziemlich verlogen. Diese Leute putzen Toiletten, spülen Geschirr und ernten Spargel. Alles Tätigkeiten, für die sich die meisten Deutschen tendenziell zu schade sind.

Bei Zuwanderung und der Aufnahme von Flüchtlingen kann die Religionszugehörigkeit nicht als Kriterium dienen. Auch hier werden m.E. Probleme übetrieben und dramatisiert, während es in der Realität insgesamt gut klappt. Das Gerede von einer "Islamisierung" ist eh völliger Humbug und der Parallelwelt der Rechten entsprungen.

Der Sachverständigenrat

Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration, also die deutsche Wirtschaft und Industrie, macht Politik. Mehr braucht dazu nicht gesagt zu werden.

eine gute Idee, die sich da abzeichnet,

aber eine Frage bleibt dann doch noch zu beantworten.
Was machen die Menschen, die gerne nach Deutschland wollen, die aber die nach den Einwanderungsgesetz definierten Bedingungen nicht erfüllen?
Weiter im Heimatland zur Schule gehen und die Sprachkenntnisse erwerben, die erforderliche berufliche Qualifikation erreichen oder nach Deutschland einreisen und einen Asylantrag stellen?