„Wer Menschen bedroht, begeht eine Straftat"

Wie Christine Lambrecht mit schärferen Gesetzen Hass im Netz bekämpfen will

Benedikt Dittrich19. Februar 2020
SPD-Bundesjustizministerin Christine Lambrecht.
SPD-Bundesjustizministerin Christine Lambrecht.
Drohungen, Beleidigungen und Hass im Netz sollen künftig schärfer bestraft und Kommunalpolitiker*innen besser geschützt werden. Die Bundesregierung hat am Mittwoch einen entsprechenden Gesetzesentwurf der SPD-Justizministerin Christine Lambrecht auf den Weg gebracht.

Die jüngsten Verhaftungen von mutmaßlichen Rechtsextremist*innen sind für Christine Lambrecht der Beweis. „Das zeigt, wie groß die Gefahr ist, die von Rechtsextremen, von rechtsextremem Terror ausgeht.“ Die Gesetzesänderungen, die am Mittwoch im Kabinett abgestimmt wurden, gehen „an die Quelle“ des Problems, so die SPD-Bundesjustizministerin.

Rechtsextremismus komme nicht aus dem Nichts, Hass und Hetze bis hin zu Volksverhetzung und Morddrohungen treffe die bundesdeutsche Demokratie „bis ins Herz“, so Lambrecht. Die Bundesjustizministerin erklärte die verbalen Angriffe als Teil der Radikalisierung, die zu echten Gewalttaten führt: „Aus Worten werden Taten.“

Diese Drohungen, diese verbalen Pöbeleien dienten aus Sicht der Sozialdemokratin außerdem einem konkreten Ziel: „Solche Hass-Postings sollen Menschen mundtot machen.“ Das sei schlussendlich ein Angriff auf die Meinungsfreiheit, die in Deutschland nach wie vor ein sehr hohes Gut sei. „Wer Menschen bedroht, der äußert keine Meinung, sondern begeht eine Straftat.“

Drohungen sexueller Gewalt künftig strafbar

Deswegen hat die Justizministerin in ihrem Entwurf die Verschärfung einiger Paragrafen angeregt. Zum einen sollen verschiedenen Beleidigungen künftig stärker bestraft werden können, zum anderen sollen einige Äußerungen nun erstmals unter Strafe gestellt werden – beispielsweise Androhungen von sexueller Gewalt. „Das ist eine ganz perfide Art, Frauen zu bedrohen“, empörte sich Lambrecht in einer Stellungnahme am Mittwoch. Im Rückblick auf das Attentat in Halle sollen außerdem antisemitische Motive künftig strafverschärfend wirken. „Wer Jüdinnen und Juden angreift, greift uns alle an“, stellte die Sozialdemokratin unmissverständlich klar.

Christine Lambrecht macht sich außerdem für Mitarbeiter*innen in Rettungsdiensten stark, die Ziel von Attacken und Beleidigungen werden. Dass diese Menschen überhaupt gesondert erwähnt werden müssen, sorgte regelrecht für Verwunderung bei der Ministerin. Es sei doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass diese Menschen eben nicht attackiert werden. Insofern sollte es eigentlich gar nicht nötig sein, diese Menschen besonders zu schützen.

Kommunalpolitiker*innen besonders schützen

Einen besonderen Schutz sollen künftig auch Kommunalpolitiker*innen genießen. Gegenwärtig werden entsprechende Paragrafen vor allem bei Bundestagsabgeordneten angewadt, künftig sollen sie auch für Kommunalpolitiker*innen gelten. „Denn das sind diejenigen, die vor Ort Verantwortung übernehmen“, betont Lambrecht, nachdem in den vergangenen Monaten zunehmend Kommunalpolitiker*innen von Morddrohungen berichtet hatten und teilweise aus Angst vor dem anonymen Mob kapituliert hatten.

Damit die im Netz geäußerten Drohungen überhaupt realen Personen zugeordnet werden können, müssen die Netzbetreiber die entsprechenden Daten der Verfasser*innen weiterleiten. Grundlage dafür ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), das nun um zusätzliche, strafbare Kategorien ergänzt werden soll. „Die IP-Adresse ist nötig, damit zügig ermittelt werden kann“, erklärte Lambrecht das weitere Verfahren. Die Äußerungen sollen beim Bundeskriminalamt von Spezialist*innen geprüft und vermeintliche Täter*innen ermittelt werden. Dafür sollen sich bis zu 300 Mitarbeiter*innen mit den gemeldeten Posts und Kommentaren befassen.

„Kein Massenverfahren“

„Das ist kein Massenverfahren“, entkräftete Lambrecht datenschutzrechtliche Bedenken. Die gesammelten Daten dürften nicht weitergeleitet werden. Außerdem sollen Kommentare, die als nicht strafrechtlich relevant eingestuft werden, nach der Prüfung mitsamt den damit zusammenhängenden Daten sofort gelöscht werden. Und eine Möglichkeit, Passwörter herauszugeben, gebe es ohnehin schon im Telemediengesetz, antwortete Lambrecht auf weitere Bedenken „die liegen aber natürlich nur verschlüsselt vor“. Außerdem sollten solche Daten nur nach einem vorherigen Gerichtsbeschluss weitergegeben werden können.

Es sei im Sinne der Netzbetreiber, nicht alles und jeden zu melden, sondern eben nur die wirklich fraglichen Fälle, erläuterte Lambrecht am Mittwoch weiter. Deswegen sieht sie auch keine Gefahr, dass das Verfahren missbraucht werden könnte, beispielsweise indem massenhaft Menschen gemeldet werden, die gar keine Straftat begangen haben. „Das Risiko ist eingegrenzt“, so Lambrecht, „es gibt einen engen Strafkatalog“.

Der Entwurf zur Veränderung des NetzDG wurde am Mittwoch von der Bundesregierung beschlossen, nun beschäftigt sich der Bundestag mit dem Maßnahmenpaket.

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Kommentare

Das Problem ist

Hier wird mal wieder auf das Internet verwiesen ......... haltet den Dieb !
Aber was ist mit den Äußerungen von Politikern ? Nicht nur Bernd Höcke, der immer wieder gern zitierte Herr Sarrazin, der Herr Seehofer mit seiner "Asylbetrüger"kampagne ...... alle gern zitiert von Presse, Funk und Fernsehen. Wie sieht es denn in unseren "Sicherheitsbehörden" wirklich aus ?
Also ich mag da nichts mehr hören von den bedauerlichen Einzelfällen, den verwirrten Tätern ......... 120 Jahre werden die NSU Akten in Hessen weggesperrt !
Schon wieder mahnen die Toten ! Politiker zeigen Trauer und Aktionismus (gegen das Netz), und dann wird wieder zur Tagesordnung übergegangen und Antifaschisten werden gegängelt und von einem sogenannten Sozialdemokraten wird die Gemeinnützigkeit des VVN gestrichen.

Wo bleibt denn der Aufschrei,

Wo bleibt denn der Aufschrei, wenn es um die Linksexstremen geht? Die gibt es auch.Man sehe sich nur mal die Internetseite Indymedia an. Aufrufe zu Gewalttaten un Internet sind schon jetzt belangbar.

Vielmehr scheint es mir darum zu gehen, die Freiheitsrechte von Bürgern weiter einzuschränken (Herausgabe von Passwörtern).

Es sind viele Bürger sehr unzufrieden mit der Politik in diesem Lande. Somit kann auch der Eindruck erweckt werden, dass es sich bei dem Vorhaben um ein "Notstandsgesetz" zum (vorerst) weiteren Verbleib an die Futtertröge handelt. Am Erstarken des rechten Randes trägt die derzeitige neoliberale Politik eine maßgebliche Mitschuld.