Geflüchteten mit Bleiberechtsperspektive will die Regierungskoalition einen Weg in den Arbeitsmarkt eröffnen. Dabei sollen „unsinnige Arbeitsmarktverbote“ abgeschafft, die Anerkennung von Berufsabschlüssen deutlich beschleunigt werden, erklärt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil am Mittwoch in einer Pressekonferenz in Berlin. Insbesondere anerkannte Geflüchtete im Bürgergeldbezug sollen mit „einem Job-Turbo schneller in Arbeit gebracht werden“. Sprache gilt für ihn als Schlüssel zum Arbeitsmarkt.
Von der Flüchtlingsunterkunft an den Arbeitsplatz
Über 100.000 ukrainische Geflüchtete haben laut Heil in letzter Zeit einen Sprachkurs abgeschlossen, rund 100.000 weitere werden in den kommenden Monaten hinzukommen. Hinzu kämen rund 200.000 Menschen aus anderen Herkunftsländern, für die das gleiche gelte. Dieses Potential will der SPD-Politiker für den deutschen Arbeitsmarkt nutzen.
Doch der Weg von der Flüchtlingsunterkunft an den Arbeitsplatz sei kein Selbstläufer, so Heil. Dazu brauche es Unterstützung. Vor allem von den Mitarbeiter*innen in den Jobcentern. Weil der Schritt „von der Schulbank der Integrationskurse an den Arbeitsplatz“ eine engere Begleitung brauche, sollen künftig Jobcenter und Geflüchtete Kooperationspläne erstellen. Explizit weist Bundesminister Heil darauf hin, dass Eigenanstrengen erwartet und Arbeitsangebote angenommen werden müssen. Im Bürgergeldbezug würden Mitwirkungspflichten gelten, im Zweifelsfall auch Leistungsminderung drohen, betonte er.
480.000 Ukrainer*innen im Bürgergeldbezug
Die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, spricht in diesem Zusammenhang davon, die „Kundenkontaktdichte zu erhöhen“. Rund eine Millionen Menschen mit gewährtem Schutzstatus würden derzeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, klärt sie auf. Dabei handele es sich um sogenannte „erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Kontext von Flucht“. Die größte Gruppe bilden die rund 480.000 erwerbsfähigen Ukrainer*innen, sie seit ca. zwölf bis 15 Monaten in Deutschland sind.
Deshalb soll auch hier der Fokus der Bemühungen liegen. Deren Beschäftigungsquote liege aktuell bei 24 Prozent. „Wir sprechen hier von 155.000 sozialversicherungspflichtigen und rund 42.000 geringfügig Beschäftigten.“ Voraussetzung für den schnellen Jobeinstieg ist laut Nahles aber auch, dass Arbeitgeber*innen bereit sein müssen, auch Menschen einzustellen, deren Deutschkenntnisse noch nicht so gut sind. Die Geflüchteten hingegen müssten sich fachlich und sprachlich weiterentwickeln wollen.
Wirtschaft mit ins Boot holen
Damit das besser gelingt, soll Daniel Terzenbach aus dem Vorstand der BA, Sonderbeauftragter für die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten werden. Für Nahles ist er ein „Macher in der Fläche“, der die notwendige Veränderung in den Jobcentern umsetzen, Gespräche mit der deutschen Wirtschaft führen und der Bundesregierung direkt berichten soll.
Für Terzenbach gelingt eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration am besten, „wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen“, sagt er bei der Vorstellung der geplanten Maßnahmen zur schnelleren Integration von Geflüchteten. „Als Sonderbeauftragter sehe ich mehr Möglichkeiten, die verschiedenen Arbeitsmarktakteure an einen Tisch zu holen, gemeinsame Aktionen mit ihnen zu koordinieren, aber auch neue Wege und Lösungen auszuprobieren.“
Weil der Job-Turbo auch die Wirtschaft ins Boot holen muss, plant Arbeitsminister Heil, die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft und die Sozialpartner am 20. November nach Berlin einzuladen. „Mein Ziel ist es, zu konkreten Verabredungen zu kommen.“ Für ihn gelte, „Geflüchteten, die jetzt aus Integrationskursen kommen, eine konkrete Chance auf dem Arbeitsmarkt zu öffnen.“
Stärker an Dänemark orientieren
Auch der Wirtschaftswissenschaftler Lars Feld sagt bei der Vorstellung des aktuellen Malteser-Migrationsberichtes am Mittwochvormittag in Berlin: „Es macht sehr, sehr viel Sinn, dass diejenigen, die erwerbsfähig sind, auch relativ schnell in den Arbeitsmarkt zu integrieren.“ Als Beispiel für ein Land, in dem dies besser gelinge, nannte er Dänemark. Dort liege die Beschäftigungsquote der ukrainischen Geflüchteten bei 50 Prozent – also mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland.
Zur Erklärung führte er aus: „Geflüchtete müssen dort dem Arbeitsmarkt von Vornherein zur Verfügung stehen. Man drängt stark darauf, dass Zugewanderte in den Arbeitsmarkt integriert werden. Da haben wir in Deutschland durchaus noch Luft nach oben.“ Durch diese Maßnahmen gelinge es in Dänemark, eine bessere Integration hinzubekommen.