Mutiger Demokrat

150. Geburtstag: Wie die SPD an Otto Wels erinnert

Kai Doering15. September 2023
Erinnerung an Otto Wels: Ana-Maria Trăsnea und Kevin Kühnert legten in Friedrichshagen einen Kranz nieder.
Erinnerung an Otto Wels: Ana-Maria Trăsnea und Kevin Kühnert legten in Friedrichshagen einen Kranz nieder.
Mit einer Kranzniederlegung in Berlin hat die SPD an Otto Wels und dessen mutige Rede gegen die Nazis erinnert. Die Bundestagsabgeordnete Ana-Maria Trăsnea schlug dabei den Bogen in die Gegenwart – und zur AfD.

„Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.“ Mit diesen Worten ist Otto Wels unsterblich geworden. Trotzig schleuderte sie der damalige SPD-Vorsitzende am 23. März 1933 im Reichstag Adolf Hitler und seinen Nationalsozialisten entgegen. Gemeinsam mit den anderen 93 verbliebenden Abgeordneten der SPD-Fraktion stimmte Wels anschließend gegen das „Ermächtigungsgesetz“, das die Demokratie in Deutschland beendete und Hitlers Diktatur begründete.

Stabil gegen rechts – damals wie heute

„Der besondere Mut der 94 SPD-Abgeordneten um Otto Wels, die 1933 gegen das Ermächtigungsgesetz von Hitler gestimmt haben, ist nicht nur Grund zum Gedenken, sondern Mahnung zur Wachsamkeit“, sagt Ana-Maria Trăsnea. Sie ist SPD-Bundestagsabgeordnete für den Berliner Bezirk Treptow-Köpenick. Hier, genauer in Friedrichshagen, lebte Otto Wels von 1918 bis 1933. Seit 2009 erinnert eine Gedenkstele neben der Christophorus-Kirche daran.

Ana-Maria Trăsnea und Kevin Kühnert
Ana-Maria Trăsnea und Kevin Kühnert

Zu Wels‘ 150. Geburtstag am 15. September hat Trăsnea gemeinsam mit SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert einen Kranz an der Stele niedergelegt. Dabei schlugen beide den Bogen von den damaligen Ereignissen in die Gegenwart. „Immer mehr Konservative in der Republik liebäugeln mit einer Zusammenarbeit mit der AfD. Das kommt für uns als SPD nicht in Frage“, stellte Ana-Maria Trăsnea klar. „Wir sind stabil gegen Rechtsextreme: Zu Otto Wels‘ Zeiten wie auch heute.“ Eine Zusammenarbeit mit der AfD werde deshalb für die SPD niemals infrage kommen.

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Kommentare

Immer wieder

Natürlich war die Rede von Otto Wels 1933 richtig und mutig, aber immer wieder wird vergessen, daß die Abgeordneten der KPD, und auch einige aus der SPD, nicht abstimmen konnten weil sie entweder in den KZs verschwunden oder auf der Flucht waren.
Dann sei auch an die unrühmliche Rolle von Wels zu Weihnachten 1918 erinnert, die quasi die Initialzündung für den sogenannten Spartakusaufstand war. Wels kann als Bestandteil der noskidischen Militär (Freikorps) Diktatur betrachtet werden.

An Otto Wels erinnert

Die Rolle Wels` 1918/19 war in der von der SPD ungeliebten darum bekämpften Revolution nicht ganz glücklich. (Ich habe den Eindruck, dass die SPD auch heute noch mit der historischen Revolution 1918/19 fremdelt.) Im Augenblick braucht die SPD aber jede Hilfe, die sie bekommen kann – ein Rückgriff auf 1933 sei ihr gegönnt. Helfen wird er ihr nicht.

Auch Lars Klingbeils Besuch von Willy Brandts Grab - mit Isabel Allende - hat einen bitteren Beigeschmack, weil Allende durch einen „rechten Militärputsch mit Unterstützung der USA“ (Vorwärts, 11.11.23) gestürzt und ermordet wurde. Hinzu kommt, dass sich mindestens „Michael Roth, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses“ leicht von Willy Brandt absetzt, wenn er dessen „Politik weiterentwickeln und an die neuen Realitäten anpassen“ möchte (Vorwärts,18.3.22). Auch für Klingbeil ist Brandt eher historische Person denn Ratgeber für die „Zeitenwende“, die eine „grundlegende Veränderungen unserer Politik ... notwendig“ macht (19.10.22). Ich glaube allerdings, dass es das Problem der SPD ist, keinen Egon Bahr und Willy Brandt mehr zu haben. (Jedenfalls würde ich es für unfair halten, die beiden Brandt-Kritiker an Brandt zu messen).